Konzept zur künstl. Gestaltung des Andachtsraums der Justizvollzugsanstalt
Gräfentonna
In Anlehnung an die Tradition, Kirchenfenster mit ihren farbenprächtigen
Mosaiken die Geschichte der religiösen Gemeinschaft erzählen
zu lassen,
möchte ich mit Hilfe der 12 Fenster des Andachtsraums eine Lichtinstallation
realisieren, die diesen Raum mit der Geschichte und den Fundamenten
der sozialen Gemeinschaft aller Menschen - unabhängig von ihrer Religion
- erfüllt.
Die Installation besteht aus 12 transluzenten, unifarbenen Rollos. Auf
die 12 Fenster verteilt, von Ost nach West, geben die unterschiedlichen
Farben
der Jalousien den Verlauf der Spektralfarben wider. In den Fensternischen
ist jeweils eine Leuchtstoffröhre installiert. Die Rollos werden elektrisch
geöffnet bzw. geschlossen.
Tagsüber dringt das Sonnenlicht durch die Rollos gefiltert in den
Raum ein. Abends bzw. im Winter wird Kunstlicht durch die Farbrollos den
Raum beleuchten. Um eine neutrale Nutzung des Raums zu ermöglichen,
können die Rollos mittels einer elektrischen Anlage eingerollt werden.
An der westlichen und der nördlichen Wand ist -exemplarisch- eine
ornamentale Darstellung des Tageslichtverlaufs am 21. Dezember (kürzester
Tag)
in sehr hellen Grautönen direkt auf die Wand gemalt.
Lichtinstallation bei Sonnenlicht:
...über den Tag verändern sich, entsprechend des Lichteinfallwinkels,
die verschiedenen Farbanteile im Raum bzgl. Fläche und Position.
Das heißt, die Farben wandern entsprechend des Sonnenlaufs durch
den Raum. Dadurch entsteht ein immer wieder neuer Raumeindruck.
Es ist aber keine willkürliche Veränderung, sondern eine immer
wiederkehrende, kontinuierliche. Sie richtet sich nach dem Rhythmus der
Natur,
sprich nach Tageszeit und Sonnenstand, beeinflußt durch die jeweiligen
Wetter- und Lichtverhältnisse.
Der Raum zur Andacht, Besinnung, Stille, aber auch für das Gespräch
in der sozialen Gemeinschaft, verändert somit seine Stimmung nach
den
Gesetzen der Natur. Wer sich darin aufhält, wird mit diesem Rhythmus
konfrontiert.
Lichtinstallation abends oder im Winter:
Die Anordnung der einzelnen Rollos entsprechend den Spektralfarben birgt einen weiteren Aspekt:
...in Zeiten ohne Sonnenlichteinwirkung, also in den Abendstunden, oder
in den Wintermonaten, wenn die Sonne nicht hoch genug steht um
über die gegenüberliegenden Gebäude hinweg in den Andachtsraum
zu scheinen, wird durch eine künstl.Beleuchtung hinter den Rollos
der Raum von farbigem Licht durchflutet. Nun jedoch gleichbleibend,
aber ebenso die Besonderheit des Raums unterstreichend.
Weißes Licht, das uns täglich umgibt, wird sichtbar gemacht
in all seinen Farbanteilen.
Unser Sonnenlicht, das Leben und Wachstum ermöglicht, ist die Summe
vieler farbiger Lichtanteile, ebenso wie eine soziale Gemeinschaft
aus vielen unterschiedlich geprägten Individuen besteht.
Neutrale Raumnutzung - ohne Farbänderung des Lichts
Die Installation beinhaltet auch die Möglichkeit den Raum neutral,
also ohne Farbrollos (eingerollt!) zu nutzen, sodaß ganz normales,
weißes Tageslicht durch die Fenster eintritt.
Auf den gegenüberliegenden Wänden bzw. am Boden bleibt aber eine
Dokumentation des Tageslichteinfalls zum 21. Dezember sichtbar -
kürzester Tag im Jahr, von hieran beginnt die Sonne wieder höher
zu steigen und die Tage werden länger (hell) .
Am 21.12. wird zu jeder vollen Stunde markiert, wo sich das Sonnenlicht
im Raum abbildet.
Dabei werden alle 12 Fenster in ihrer Lichtabblidung an den Wänden
markiert, in einem Zeitraum von 9.00 Uhr morgens bis 15.00 Uhr
nachmittags ( das ist der von mir berechnete Zeitraum, in dem der Andachtsraum
durch Sonnenlicht erhellt wird ).
Die Darstellung soll mit hellgrauen Linien die Umrisse des jeweiligen Fensters
widergeben.
Es entsteht dabei ein Geflecht von senkrechten und waagrechten Linien,
gleich einem Ornament, mit einem dichten Zentrum und zu den
Seiten hin sich in einzelne Rechtecke auflösend.
Auch hier wieder der Verweis auf Gesellschaft und Individuum. Der Andachtsraum
bleibt damit ein Ort, in dem Rhythmus und Kontinuität,
das „Auf und Ab“ und die Kraft des Lebens bestimmend sind.